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Verband fordert Verschiebung der neuen Arbeiter*innen-Kündigungsfrist
Neue Arbeiter*innen-Kündigungsfrist ab 30.06. ist finanzielle Belastung für Betriebe
Verband Druck Medien fordert Verschiebung bis Ende 2021
Die Corona-Pandemie hat der heimischen Wirtschaft 2020 ein Minus von -6,6 % gebracht, für 2021 sind die Prognosen noch sehr gedämpft. Die Druck- und Medienbranche kämpft nach wie vor damit, Betriebe und Arbeitsplätze zu erhalten. Viele Unternehmen sind noch immer auf staatliche Unterstützung angewiesen. Dass ab 30. Juni mit den neuen Kündigungsfristen für Arbeiter*innen deutliche Mehrausgaben auf die Betriebe zukommen, ist für den Verband Druck Medien in dieser Situation nicht verständlich. Der Branchenverband fordert einen Aufschub der neuen Bestimmungen bis Ende 2021.
“Die angestrebte Angleichung der Rechte von Arbeiter*innen und Angestellten ist begrüßenswert und wird von uns mitgetragen“, betont Peter Sodoma, Geschäftsführer des Verband Druck Medien. “Doch den Betrieben kosten diese Änderungen im Arbeiter*innen- und Angestelltengesetz Geld. Vor allem die neuen Kündigungsfristen könnten dazu führen, dass Unternehmen noch vor Juni verstärkt Arbeitsplätze abbauen”, befürchtet Sodoma.
Knackpunkt Kündigungsfrist
Mit 01. Juli verlängert sich die Kündigungsfrist für Arbeiter*innen und Teilzeitkräfte. Diese können ab diesem Zeitpunkt nur noch unter Einhaltung einer sechswöchigen Kündigungsfrist, jeweils zum Quartalsende gekündigt werden. Ab dem dritten Jahr des Dienstverhältnisses steigt zudem die Kündigungsfrist stufenweise an bis zur Dauer von fünf Monaten nach 25 Dienstjahren. Auch wenn vertraglich eine Kündigung zum 15. bzw. Monatsletzten vereinbart werden kann, so bedeutet die längere Kündigungsfrist auch eine längere Behaltedauer nach einer Kündigung oder einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses. Umgekehrt verlängert sich auch für Arbeiter*innen die Kündigungsfrist von bisher zwei bis vier Wochen auf einen Monat zum jeweils Monatsletzten.
Teure Kündigungen
Und auch aliquote Ansprüche auf Sonderzahlungen könnten die Betriebe Geld kosten. Zwar ist dieser Anspruch gesetzlich nicht vorgesehen, aber in fast allen Dienstverträgen üblich. Bei einer längeren Kündigungsfrist verlängert sich daher nicht nur der Entgeltbezug, sondern erhöht sich unter Umständen auch der Anspruch auf Sonderzahlungen.
Der Verband Druck Medien hat dazu ein Beispiel errechnet:
Ein Unternehmen muss auf Grund der wirtschaftlichen Situation verkleinern und lässt im Juli eine Produktionssparte auf. Von der Kündigung betroffen ist auch ein*e Arbeiter*in, die*der seit 25 Jahren im Unternehmen ist. Laut Kollektivvertrag bekommt die*der Arbeiter*in EUR 2.880,– Bruttolohn im Monat und hat eine Kündigungsfrist von 14 Wochen. Mit den neuen Kündigungsfristen ab 01. Juli kann die*der Arbeiter*in aber nur noch mit einer Kündigungsfrist von fünf Monaten zum nächsten Quartalsende, also zum 31. Dezember gekündigt werden. Statt bis 31. Oktober muss das Unternehmen die*den Arbeiter*in also noch bis Ende Dezember bezahlen. Damit laufen die Entgelte entsprechend weiter, und auch der aliquote Urlaubsgeldanspruch erhöht sich. Inklusive Lohnnebenkosten erhöhen sich also die Kosten für die Zeit ab dem Ausspruch der Kündigung von ungefähr EUR 14.000,– auf über EUR 30.000,–. Und das bei einer*einem einzigen Arbeitnehmer*in.
Für Sodoma ist daher der Zeitpunkt der Umsetzung der neuen Kündigungsfristen in der jetzigen, schwierigen wirtschaftlichen Situation untertragbar. Er hofft auf ein Einlenken der Bundesregierung und einen Aufschub bis Ende 2021:
„Selbst nach optimistischen Prognosen wird die Zeit bis Juni noch eine sehr harte und wirtschaftlich schwierige. Wir müssen jetzt jede zusätzliche Belastung vermeiden, sonst werden Arbeitsplätze vernichtet.“
Kritik am Gesetz: Unterschiede bleiben bestehen
Das Gesetz sei zudem nur Makulatur, betont Sodoma. Denn der Gesetzgeber unterscheidet nach wie vor zwischen Arbeiter*innen und Angestellten. Ein einheitlicher Arbeitnehmer*innenbegriff wurde ebenso verabsäumt wie die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage.
„Die Druck- und Medienbranche als produzierendes Gewerbe ist für eine rechtliche Gleichstellung aller Arbeitnehmer*innen. Doch sollte diese vereinfachen und nicht weiter zwei Parallelwelten stehen lassen“, so Sodoma.
Er lädt die Bundesregierung und insbesondere Arbeitsminister Martin Kocher ein, einen Druck- und Medienbetrieb zu besuchen, um sich ein Bild der aktuellen Situation zu machen.
Foto © Doris Seebacher
Über den Verband Druck Medien
Der Verband Druck Medien Österreich besteht seit 1872. Er ist die einzige umfassend kompetente und unabhängige Unternehmensvertretung für die grafische Branche in Österreich. Der Verband vertritt mehr als 200 Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum internationalen Konzern. International ist er in der FESPA organisiert. Präsident ist Gerald Watzal.
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